Ausgabe Nr. 2/Juni 2019

Gemeinnützigkeit: Anwendungserlass zur Abgabenordnung macht neue Vorgaben

Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung enthält Neuerungen, die unter anderem die Gemeinnützigkeit von Vertriebenenverbänden, Mittelbeschaffungskörperschaften und Beschäftigungsgesellschaften betreffen.

  1. Für die Gemeinnützigkeit eines Vertriebenenverbands ist es unschädlich, wenn er nach seiner Satzung allgemein – im Sinne einer Wiederherstellung der allgemeinen Gerechtigkeit - auch Zwecke wie „Wiedergutmachung des Vertreibungsunrechts“ oder „Rückgabe des konfiszierten Vermögens auf der Basis eines gerechten Ausgleichs“ fördert.

Hinweis: Bei solchen Formulierungen geht die Finanzverwaltung davon aus, dass sich der Verband bei seiner Betätigung im Rahmen des gemeinnützigen Zwecks „Fürsorge für Vertriebene“ hält und die Verfolgung individueller Rechtsansprüche der Mitglieder nicht Satzungszweck ist.

Gegen eine Gemeinnützigkeit sprechen Satzungszwecke wie: den „Anspruch der Volksgruppen und der einzelnen Lands-leute auf Rückerstattung des geraubten Vermögens und die sich daraus ergebenden Entschädigungsansprüche zu vertreten“, da sie gegen die Gebote der Ausschließlichkeit und der Selbstlosigkeit verstoßen. Satzungszwecke wie „Wiedervereinigung mit den Vertreibungsgebieten“ oder „Eingliederung der Vertreibungsgebiete“ sind ebenfalls schädlich für die Gemeinnützigkeit eines Vertriebenenverbands. Die Verfolgung dieser Ziele ist keine Förderung der Allgemeinheit. Solche Bestrebungen stehen nämlich im Widerspruch zu den völkerrechtlich verbindlichen Verträgen der Bundesrepublik Deutschland mit ihren östlichen Nachbarstaaten und zum Grundgesetz.

Hinweis: Wenn die Satzung entsprechend den obigen Vorgaben definiert wird, der Verein aber gleichwohl anders handelt, ist die Gemeinnützigkeit gefährdet.

  1. Mittelbeschaffungskörperschaften sind Vereine, deren einziger Zweck die Mittelbeschaffung (z.B. Spenden) für andere Körperschaften ist. Voraussetzung für eine Steuerbegünstigung ist, dass die Beschaffung von Mitteln als Satzungszweck festlegt wird. Der steuerbegünstigte Zweck, für den die Mittel beschafft werden sollen, ist ebenfalls in der Satzung anzugeben.

Hinweis: Dagegen ist es nicht erforderlich, die Körperschaften, für die die Mittel beschafft werden sollen, in der Satzung aufzuführen. Eine solche Körperschaft muss nur dann selbststeuerbegünstigt sein, wenn sie eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts ist.

  1. Auch Beschäftigungsgesellschaften können unter Umständen als gemeinnützig anerkannt werden. Die Finanzverwaltung definiert diese als Körperschaften bzw. Vereine, die die Hilfe für arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen zum Ziel haben. Dabei stehen vor allem Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Umschulungen im Vordergrund.

Hinweis: Eine Anerkennung als gemeinnützig kommt nicht in Betracht, wenn Waren hergestellt und vertrieben oder Leistungen an Dritte erbracht werden, da dann eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt.

Liegt der Fokus jedoch auf der beruflichen Qualifizierung, der Umschulung oder der sozialen Betreuung, ist eine Anerkennung als gemeinnützig möglich. Werden in diesem Zusammenhang Waren hergestellt und vertrieben (z.B. im Rahmen einer Ausbildung angefertigte Sachen) oder Leistungen gegenüber Dritten erbracht, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Ist dieser steuerpflichtig, darf er weder Satzungszweck noch Selbst- oder Hauptzweck des Vereins sein.

Ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb liegt zum Beispiel bei Werkstätten für behinderte Menschen vor. Diese sind nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes förderungsfähig und bieten Personen Arbeitsplätze, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Auch Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, die der Eingliederung behinderter Menschen dienen, zählen dazu.


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